Interview

Seit über 30 Jahren führt Thomas Abgottspon das renommierte Zermatter Resort La Ginabelle mit viel Empathie, Herzblut und Können. Gemeinsam mit seiner Frau Regina hat er das Haus seit 1991 stetig erweitert und es immer wieder den sich verändernden Bedürfnissen der Gäste angepasst. Das Resort geniesst in der Zermatter Hotellerie einen hervorragenden Ruf. Wir haben uns kürzlich mit Thomas Abgottspon für ein Interview in Zermatt getroffen.

Residenz Altiana

Sie scheinen die zwei COVID-Jahre offenbar gut überstanden zu haben. Wie war das möglich?
T. A.: Dank den Schweizer Gästen hervorragend! Und auch dank unseres Produktes, welches sehr gut den Gusto der Gäste trifft.

Was hat Sie dazu bewogen, mit der Erweiterung durch die fantastische Residenz Altiana noch einmal kräftig zu investieren?
T. A.: Wir haben verschiedene Ziele verfolgt: Einmal eine betriebswirtschaftlich interessante Grösse zu erreichen, ohne ein Fabrikbetrieb zu werden, dann ein attraktives Angebot für die Gäste zu realisieren und daraus so weit als möglich aus eigenen Kräften Gäste zu akquirieren. Auch sind uns attraktive Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden wichtig, und nicht zuletzt mit einem Geothermiefeld die Dekarbonisierung einzuleiten.

Bei meinem Besuch ist mir positiv aufgefallen, dass Ihre kompetenten Service-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Was ist hier das Geheimnis, was steckt dahinter?
T. A.: Es scheint, dass sich die oben erwähnten Assets lohnen. Nicht nur das, wir sind auch sehr nahe an den Mitarbeitenden dran. Meine Frau und meine Wenigkeit sind sehr aktiv im Betrieb tätig und haben so immer einen direkten Draht per gegenseitigem Du zu unserem Mitarbeiterteam.
Dann haben wir mit dem Bau des zweiten Mitarbeiterhauses, zwei Gehminuten vom Resort entfernt, begonnen, welches im nächsten Herbst bezugsbereit sein sollte und somit sollten wir alle Mitarbeitenden in den eigenen Studios und Wohnungen unterbringen können. Darüber hinaus dürfen sie ebenfalls die Schwimmbäder zu festgelegten Zeiten benutzen. – Das alles bindet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unseren Betrieb.

Auch kulinarisch erwarten die Gäste immer mehr. Wie tragen Sie diesem Bedürfnis Rechnung?
T. A.: Nebst der klassischen Halbpension, welche bei uns À-la-carte-Charakterzüge trägt, können auch externe Gäste zwischen dem «Peak, als «fine dining» positioniert, und dem «melted» mit Schweizer Käsegerichten auswählen.

Wie würden Sie Ihren erweiterten Wellnessbereich beschreiben? Was macht Ihre Wohlfühl-Oase so einzigartig?
T. A.: Wir haben sehr stark auf Wasser in Form von zwei Schwimmbädern im Freien mit Einstieg im Gebäudeinnern und vielen Wasserattraktionen und Temperaturen zwischen 34° bis 36° gesetzt. Und einen weiteren zusätzlichen SPA für «Altiana»-Guests only und zwei weitere Ruheräume. Dies alles in Ergänzung und Verbindung mit dem schon bestehenden SPA La Ginabelle mit verschiedenen Behandlungs- und Ruheräumen sowie weiteren Dampf- und Warmbädern und einem Schwimmbad adults only.

Eine Frage in Bezug auf die aktuelle Energiesituation: Drei Häuser zu beheizen ist eine grosse Herausforderung. Wie lösen Sie diese Problematik?
T. A.: Relativ locker – wie schon erwähnt holen wir mit unserem Geothermiefeld und drei Wärmepumpen das Äquivalent von über 100’000 Litern Heizöl aus dem Boden und benötigen de facto nur noch mehr Heizöl für das 1. Gebäude unseres Resorts. Dann kommt ganz Zermatt infolge der seit jeher weitsichtigen Unternehmenspolitik durch das örtliche EW Zermatt (2/3 Eigenproduktion) mit einer glimpflichen Strompreiserhöhung von der derzeitigen Energiemarktsituation davon.

Aus welchen Nationen stammen Ihre Kunden hauptsächlich?
T. A.: Die grösste Gästegruppe stellen unsere Schweizer Gäste mit 56 Prozent der Logiernächte dar. Danach kristallisiert sich keine weitere Nation im Speziellen heraus, das heisst Zermatt-typisch kosmopolitisch vom ganzen Erdball mit derzeit leichten Vorteilen für die USA und immer noch mit einem intakten Anteil aus dem ehemals grössten Markt Deutschland.

Sie haben das «La Ginabelle» zu einem 4-Sterne-Superior-Hotel emporgehievt. Ist die Reise hier zu Ende oder haben Sie noch grössere Visionen?
Das «La Ginabelle» figurierte immer schon als 4*S, wir haben uns aber mit dem Zubau des «Altiana» an die Thematik des Resorts herangewagt. Denn mit einem Hotel ist man nie fertig. Derzeit wird eine neue Heizungssteuerung einreguliert, welche das Energiemanagement zwischen den verschiedenen Quellen und Bezügern im Haus optimal regelt. Hier versprechen wir uns nochmals eine weitere Reduktion des Energieverbrauchs. Auch die immer fortschreitende Gebäudetechnik soll nicht ungenutzt bleiben.

Ein Hotelinhaber hat in der Regel lange Präsenzzeiten im Haus. Wie halten Sie sich fit?
T. A.: Schon alleine durch die Nähe zu den Gästen und den Mitarbeitenden kommen täglich einige Schritte zusammen. Dann aber stehen auch wöchentlich zwischen 4 bis 8 Stunden Sport, je nach Jahreszeit in Form von Nordic Walking, Radfahren und Skifahren, auf dem Programm – kaum eine andere Ganzjahresdestination wie Zermatt ist da besser aufgestellt.

Die Sommersaison ist in der Regel etwas schwächer. Wie bringen Sie die Gäste auch im Sommer nach Zermatt?
T. A.: Umsatzmässig trifft diese Feststellung zu, jedoch nicht ganz, was die Logiernächte betrifft. Hier sind wir in der glücklichen Lage, seit einigen Jahren ein 50/50-Verhältnis zu fahren. Wie schon vorgängig erwähnt, ist Zermatt per se schon attraktiv, was somit einen Anziehungseffekt bewirkt. Dann ist uns unser Leitsatz «sich wohlfühlen und sich Gutes tun» sehr zentral, und nicht zuletzt versuchen wir uns immer entlang der Kondratieff-Kurve zu bewegen.

Wenn Sie noch einmal von vorne beginnen könnten, was würden Sie anders angehen?
T. A.: Gar nichts!

Bitte nur mit einem Wort oder kurzen Satz beantworten:

Zermatt bedeutet mir:      Meine Heimat, Vielfalt, einzigartig, achtsam umgehen

Ski-Weltcup in Zermatt:   Einmaliger Event nicht nur für Zermatt/Cervinia

Rot- oder Weisswein:       Mineralwasser

Bratwurst oder Filet:        Keine Kohlenhydrate

Familie:                                Das Wichtigste für einen Unternehmer

Mitarbeiterteam:                Das Zweitwichtigste für einen Unternehmer

Winter oder Sommer:       Beides

Wunsch für 2023:             Gesund bleiben und dass die Gesellschaft die Kurve kriegt

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