Das Spiel mit dem gelben Filzball macht Spass und hält fit. Von 9 bis 99!

Als Giorgio Fattorini zum ersten Mal für den TC Zug Interclub spielte, war er 55! Also in einem Alter, in dem die meisten Hobbysportler an Rücktritt denken oder längst aufgehört haben, fing seine Tennis-Karriere erst an. Heute ist der gebürtige Tessiner 89. Interclub spielt er nicht mehr. «Gegen 20 Jahre jüngere Gegner anzutreten, ist schon etwas hart», sagt er.

Das Beispiel Fattorini zeigt: Für Tennis gibt es kein Alterslimit. Pierre Paganini, seit Jahren der Fitnesscoach hinter den Erfolgen von Roger Federer und Stanislas Wawrinka, bestätigt: «Wenn man gesund ist und der Kreislauf mitspielt, gibt es eigentlich keine Grenze.» (Siehe auch Interview mit Paganini.) Natürlich ist Tennis nicht nur etwas für die «Alten». Das Bundesamt für Sport (Baspo) empfiehlt Jugendlichen dringend, sich mindestens eine Stunde pro Tag zu bewegen oder – noch besser – Sport zu treiben. Dank Roger Federer als perfektem Botschafter zeigen denn auch die Zahlen der Tennis spielenden Kinder seit Jahren klar nach oben. Es ist jedoch nie zu spät, um mit Tennis zu beginnen. Fattorini griff mit 44 zum ersten Mal zum Schläger (11 Jahre vor seinem Interclub-Debüt), Matthias Spielmann, Direktor der renommierten Zürcher Schulthess-Klinik, tat es vor sechs Jahren. «Ich spielte schon zuvor Squash und Golf», erzählt Spielmann. Zum Tennis kam er dank seiner Kinder. Die Tochter, heute N3 und mit Ambitionen auf mehr, entschied sich mit zehn gegen die Leichtathletik und für den gelben Filzball. «Sie fand im Kreis rumzurennen langweilig», sagt der Vater. Beim Zuschauen im Training packte es ihn und seine Frau dann selber. «Wir wollten wissen, wovon unsere Kinder sprechen.» Er legte Wert darauf, möglichst die gleiche Technik zu erlernen wie die Jungmannschaft. Spielmann leidet unter einem angeborenen Gefässproblem und trägt sechs By-Pässe in sich. «Mit Tennis kann ich mich eine Stunde gut beschäftigen», schwärmt er, «und es bringt den Puls besser rauf als Golf.» Spannender als ein Training auf dem Ergometer sei es auch, schmunzelt Spielmann.

 

Tennis trotz sechs By-Pässen, ist das nicht gefährlich?

Paganini warnt denn auch: «Leidet jemand an Herzbeschwerden, sollte er unbedingt mit einem Arzt sprechen, bevor er mit einem neuen Sporttraining beginnt.» Ist dies gewährleistet, sehen die Experten jedoch kaum Nachteile beim Tennis. Sportarzt Gery Büsser, Teamarzt der ZSC Lions und neuer Leiter Sportmedizin an der Schulthess-Klinik, zählt auf: «Tennis fördert die Koordination und Balance und regt den Kreislauf an. Alles passiert in Bewegung. Es ist eine kurze, intensive Belastung, die aber über längere Zeit andauert.» Büsser plädiert allerdings dafür, als Anfänger eine saubere Technik bei einem Tennislehrer zu erlernen. «Der richtige Bewegungsablauf ist wichtig, sonst besteht die Gefahr des berühmten Tennis-Ellbogens.»

Auch mit der Wahl des richtigen Belags kann man Verletzungen und Beschwerden vorbeugen. Sand oder Hallenbeläge, auf denen man rutschen kann, sind ideal. Der 89-jährige Giorgio Fattorini brach sich vor ein paar Jahren beim Skifahren den Atlas-Wirbel viermal und musste sechs Monate einen Schulterkragen tragen. Sogar für die Ärzte überraschend erholte sich der topfitte «Oldie» aber komplett und spielt heute wieder Tennis, steht auf den Skiern und geht leidenschaftlich gerne Pilze sammeln. Ein Erfolgsgeheimnis: «Ich habe noch nie auf einem Hartplatz gespielt.» Und das, obwohl der ehemalige «Bähnler» bei den SBB nach der Pensionierung während Jahren jeden Winter zwei Monate nach Florida ging, um Tennis zu spielen. Koordination, Schnelligkeit, Kraft im Arm, Ballgefühl, Nervenstärke, Ausdauer – Tennisspieler sind so etwas wie die Könige des Sports. «Athletisch fördert Tennis alle Facetten», weiss Federers Coach Pierre Paganini. Kein Wunder wenden sich nach dem Ende ihrer ersten Karriere viele Fussballer, Eishockeyaner, Handballer oder Unihockey-Spieler dem «weissen» Sport zu. Da es im Tennis keinen Körperkontakt gibt, ist die Verletzungsgefahr deutlich geringer. Dabei muss der Teamgedanke, den viele Mannschaftssportler etwas vermissen, nicht zwingend verloren gehen. «Tennis hat auch einen wichtigen sozialen Aspekt», betont Klinik-Direktor Matthias Spielmann. «Man muss jemanden finden, der etwa gleich gut spielt.» Dennoch ist das einfacher, als zehn (oder je nach Spielfeld noch mehr) gleichgesinnte und noch fitte Fussballer zu finden. Und gerade jetzt, in der Interclub-Saison, kommt der Teamgeist sowieso nicht zu kurz. Schliesslich – und das schätzen gerade Frauen ausserordentlich – muss Tennis nicht zwingend um Punkte und Games gespielt werden. Viele Hobbyspieler treffen sich zum gemütlichen Doppel- oder Mixedplausch. Gesund ist das so oder so.

Noch besteht einiges Potenzial für zukünftige Tennisspieler. Machen Sie es doch wie Matthias Spielmann und seine Frau. Statt eine Stunde beim Training der Kids zuzuschauen, schnappen Sie sich selber den Schläger und lassen Sie sich von einem Tennislehrer in die Geheimnisse des «weissen» Sports einweihen. Wobei, «weiss» muss er ja gar nicht mehr zwingend sein. Mittlerweile sind bunte Farben praktisch überall gern gesehen. Deshalb ist Tennis auch für die Jungen cool. Und bleibt es erst recht für die Älteren. Denn Tennis kann man ein Leben lang spielen. Wie sagte Pierre Paganini: «Es gibt keine Grenze.» Giorgio Fattorini kann das nur bestätigen. Der 89-Jährige verspricht: «Ich rauche nicht, trinke wenig, schlafe jede Nacht neun bis zehn Stunden. Und so lange die Gesundheit weiter da ist, möchte ich schon noch ein paar Jahre Ski fahren und Tennis spielen.» Wahrlich ein Spiel ohne Grenzen!

 

Interview mit Pierre Paganini

Er ist der Schleifer, der die besten Schweizer Tennisspieler fit macht: der Schweizer Pierre Paganini. Dem Konditionstrainer verdankt Roger Federer einen Grossteil seines Erfolges. Seit dem Jahr 2000 trainierte der 54-jährige Paganini mit dem Rekord-Grand-Slam-Sieger, seit 2003 auch mit der Schweizer Nummer zwei, Stanislas Wawrinka.

paganini

«trends & style»: Herr Paganini, die Leute kennen Sie vor allem als Fitnesscoach von Roger Federer und Stanislas Wawrinka. Sie haben aber in Ihrem Leben schon viele verschiedene Sportarten kennengelernt. Erzählen Sie ein bisschen!

Pierre Paganini: Erst mal habe ich eine Ausbildung als Sportlehrer gemacht. Aktiv habe ich dann Leichtathletik betrieben. Mehrkampf, denn ich mag die Abwechslung. Dazu noch etwas Fussball.

Was ist das Spezielle am Tennis?

Tennis ist eine wahnsinnig tolle Sportart für die Koordination. Das gilt grundsätzlich für alle Ballsportarten, aber Tennis ist besonders interessant. Es fördert im athletischen Bereich alle Facetten: Schnelligkeit, Ausdauer, man muss flink und gewandt sein.

Was sind mögliche Nachteile von Tennis?

Man sollte schon kardiovaskulär, also was Herz und Kreislauf betrifft, gesund sein, denn Tennis wird selten in einem gemütlichen Rhythmus gespielt. Die «Stop-and-Go»-Bewegungen führen natürlich zu einem unregelmässigen Puls während dem Spiel, das muss man einfach wissen. Leidet jemand an Herzbeschwerden, dann sollte er unbedingt mit einem Arzt sprechen, bevor er mit einem neuen Sporttraining beginnt.

Angenommen, man ist bereits 35 Jahre alt. Lohnt es sich dann noch, mit Tennis anzufangen?

Unbedingt! Das ist doch fantastisch! Wenn ich an all die vielen Fussballer oder Eishockeyspieler denke, egal auf welchem Level, die nach ihrer Aktivkarriere mit Tennis beginnen. Die haben schon den spielerischen Instinkt, und wenn sie dann einmal die Grundtechnik beherrschen, sind sie sofort im Element. Ausserdem kombiniert Tennis wunderbar das individuelle und kameradschaftliche Element. Der halbe Court gehört dir allein, aber es gibt auch den Gegner oder Partner. Das ist eine schöne Mischung.

Gibt es eine Altersgrenze, wann man mit Tennis aufhören sollte?

Wie vorhin angedeutet, solange man gesund ist und das Herz mitspielt, gibt es eigentlich keine Grenze. Mit 70 kannst du nicht mehr 110 Meter Hürden laufen – aber im Tennis kannst du eine gelenkschonendere Unterlage wählen oder nur noch Doppel spielen. Es ist auch keine Kontaktsportart, die grössere Gefahren bieten würde.

Haben Sie einen speziellen Tipp, wie man sich als Hobbyspieler tennisspezifisch fithalten kann?

Grundsätzlich mit allem, was die Reaktionsschnelligkeit, Koordination und Explosivität fördert, die man auf dem Platz braucht. Ich denke da zum Beispiel ans Springseil, ab und zu etwas Jogging. Oder machen Sie ein Spiel auf dem Platz mit Kollegen: Wer als Erster drei Punkte verliert, joggt dreimal um den Platz. Oder Sie machen einen kleinen Postenlauf, und wer verliert, nutzt in einer Ecke das Springseil, in einer anderen macht man Liegestützen, in einer weiteren etwas mit dem Medizinball oder dem Terraband. Hauptsache, es ist nicht langweilig.

Gibt es etwas, was man sich als Hobbyspieler bei Roger Federer abschauen kann?

Die innere Ruhe und Gelassenheit. Gerade, wenn jemand technisch nicht so gut spielt, ist diese Ruhe umso wichtiger. Auch bei einem Champion passt es nicht immer zusammen, trotzdem behält er seine Coolness. Das sollte ein Hobbyspieler auch tun, auch wenn es nicht immer einfach ist.

 

Tennishallen der Region:

Tenniscenter Urdorf

www.tenniscenter-urdorf.ch

Tennishalle TC Schlieren

www.tcschlieren.ch

Vitis SportCenter

www.vitis.ch