Lukas Steiner hat es schon wieder getan
Es gab wirklich viele schöne Landschaften, Oasen und Schluchten mit atemberaubenden Ausblicken in Marokko. Allerdings können die Temperaturen im Sommer auf über 40 Grad ansteigen, und es ist ziemlich hart, in diesem Klima Höhenmeter zu machen. Ich bin immer früh aufgestanden, zwischen 5.30 Uhr und 6 Uhr losgefahren und habe mich dann während der Hitze des Tages ausgeruht, um mich am späten Nachmittag wieder auf den Weg zu machen. Ich konnte es kaum erwarten, an die Küste zu fahren und dort kühlere Winde und Temperaturen vom Atlantik her zu geniessen.
Sahara-Durchquerung
Wahrscheinlich einige der härtesten Tage meiner bisherigen Reisen. Lang, heiss, windig und wirklich nichts zum Wohlfühlen. Kein Baum mit Schatten um sich hinzusetzen, kein Restaurant mit kalten Getränken. Der Wind war extrem, sandig, und hörte nie auf. Manchmal fühlten sich Minuten unter diesen rauen Bedingungen an wie Stunden. In solchen Momenten ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, die Gedanken loszulassen und sich nicht in unnötiges Grübeln wie «Was mache ich hier?» zu verbeissen. Dieser kleine Teufel auf der Schulter, der einem ins Ohr flüstert: «Lukas hör auf, was machst du hier? Geh nach Hause. Dieses Teufelchen ist immer da, mal mehr, mal weniger. Das ist völlig normal auf solchen Expeditionen und es ist wichtig, das zu akzeptieren, zu versuchen, ein Lächeln aufzusetzen und weiterzugehen.
Im Laufe der Jahre habe ich viel über den Umgang mit diesem kleinen Teufel gelernt. Aber auf dieser Reise hat er mich in den ersten vier Tagen in Marokko so richtig erwischt, als ich an einem Virus litt. Ich hätte früher eine Pause einlegen sollen. Die harten körperlichen Strapazen in Kombination mit gesundheitlicher Schwäche sind psychisch sehr belastend. Ich hatte ein gutes Gespräch mit meinem Freund darüber, und er vermittelte mir ein paar tolle Einsichten, die den Teufel wieder verschwinden liessen. Wenn man in solche Situationen kommt, in denen man ans Aufgeben denkt, hilft es manchmal, die Situation einfach zu akzeptieren und sich durchzukämpfen. Die Belohnung kann danach riesig sein. Zum Glück hat sich mein körperlicher Zustand nach Tag fünf verbessert. Solange es nur mein Verstand ist, der mit mir spielt, kann ich es durchstehen. Sobald es um körperliche Risiken geht, höre ich sehr genau auf meinen Körper und würde auch nicht zurückschrecken das Projekt zu abzubrechen.
Rosso Grenzübergang
Die Grenze zwischen Mauretanien und Senegal. Der Grenzübergang Rosso auf mauretanischer Seite ist unter Reisenden als einer der schwierigsten Grenzübergänge bekannt. Viele Beamte und «Möchtegern»-Beamte sind in ein Spiel verwickelt und versuchen einem, möglichst viele unnötige Gebühren aufzubrummen. Das fängt schon an, wenn man zum Tor kommt, wo einem Leute mit irgendwelchen Ausweisen hinterherlaufen und schreiend den Reisepass verlangen. An der offiziellen Pforte, wo ich einem Uniformierten eine Passkopie aushändigte, schrien mich etwa 20 Leute an und versuchten, mich mit Schimpfwörtern zur Zahlung von Gebühren zu zwingen. Sie packten mein Fahrrad, hielten mir Quittungsautomaten vor die Nase und versuchten, mich am Einlass zu hindern. Ich tat so, als würde ich nichts verstehen und sprach nur Schweizerdeutsch mit ihnen. Ich schaute sie kaum an, behielt alle meine Sachen im Auge und blieb ganz ruhig. Der wichtigste Mann, der meinen Pass abstempelte, war zum Glück so freundlich, einige der Belästiger zurückzurufen. Er sagte mir dann, ich solle auf die Fähre steigen, wenn sie ankomme. Ich musste noch einen letzten, wirklich aggressiven, offiziellen Polizeibeamten passieren, der 10 Euro für die Fähre wollte die eigentlich umsonst ist. Am Ende habe ich es geschafft, ohne Bestechung. Ich war auf der Fähre!
Die ganze Geschichte mit Rosso begann viele Kilometer vorher. Ich hätte auch zur Diama-Grenze fahren können, die super einfach ist. Aber in der Regenzeit kann diese Strasse über 50 Kilometer die Hölle sein und manchmal ist die Grenze nach starken Regenfällen sogar für zwei bis drei Tage geschlossen. Ich stand mindestens 45 Minuten an der Weggabelung und überlegte, was ich lieber tun sollte. Die Leute, die vorbeikamen, müssen mich für verrückt gehalten haben. Ich habe mich für die sicheren Strassenverhältnisse, damit aber auch für den nervenaufreibenden Übergang entschieden.
Mit viel Glück habe ich nur eine Stunde gebraucht, um über die Grenze zu kommen, was super schnell ist. Manche Leute brauchen dort vier bis fünf Stunden. Da ich nun in den Senegal eingereist war, setzte ich meine letzte Etappe nach Saint Louis und hinunter nach Dakar fort!
The End
Nach 40 Tagen, 4500 Kilometern, 212 Stunden auf dem Sattel, ein paar Magenproblemen und unglaublich vielen einzigartigen Erlebnissen bin ich am Ziel angekommen. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich so etwas noch einmal erleben durfte. Am Ende ging es doch schnell vorbei. Aber wenn ich so zurückdenke, waren die Tage lang, heiss, windig und es wurden sehr viele Erlebnisse in nur ein paar Wochen Zeit gepackt. Wie immer kehre ich mit einer Träne im einen und einem Lächeln im anderen Auge zurück. Es war eine grosse Erfüllung. Ich habe wieder so viel Freundlichkeit und Gastfreundschaft erfahren, und ich konnte vieles über neue Länder, Kulturen und mich selbst lernen. Aber jetzt freue ich mich auch, wieder in die Schweiz zu meiner Familie und meinen Freunden zurückzukehren und im Oktober meinen neuen Job anzutreten. Vielen Dank für all die Unterstützung, die ich während der Reise erfahren durfte.
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