Es geschieht Unheimliches: Investoren kaufen für unglaubliche Summen Anlagen, die weniger als nichts abwerfen. Wie der Truthahn vor Thanksgiving tappen sie ahnungslos in die Zinsfalle. Wir allerdings buchstabieren Zins seit Jahren mit: D-i-v-i-d-e-n-d-e.
Erfolg beim Investieren definiert sich relativ einfach: Das einbezahlte Geld vermehrt sich über die Zeitachse. Was dazu benötigt wird, sind Kenntnisse darüber, was man denn überhaupt kauft, eine ungefähre Vorstellung davon, was man in Relation zum angestrebten Verdienst zu riskieren bereit ist – sowie einen nüchternen und analytischen Geist.
Doch an den Finanzmärkten hat sich die Welt verkehrt. Investoren haben in den vergangenen drei Jahren die unglaubliche Summe von 17 Billionen Dollar ausgegeben, um Wertpapiere zu kaufen, von denen sie genau wissen, dass sie ihr Geld verbrennen. Es herrscht nachgerade ein Kaufboom nach Anleihen mit negativer Rendite. Das ausstehende Volumen erhöht sich derzeit im Monatstakt um 1 bis 2 Billionen Dollar.
Auf welche Irrfahrt sich die Käufer begeben, illustriert der gute alte «Eidgenosse», einst das Gütesiegel schweizerischer Stabilität und Werte. Wer heute in die zehnjährige Schweizer Staatsanleihe 100‘000 Franken investiert, erhält nach Ende der Laufzeit rund 89‘000 Franken zurück.
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum der Bondmarkt immer noch funktioniert: Anlagerichtlinien, Bürokratie, regulatorische Einschränkungen. Vor allem aber: die verzweifelte Suche nach Sicherheit.
Bargeld ist, aufgrund der Negativzinsen auf den Bankeinlagen, noch schlechter als Anleihen, so die vermeintliche Vernunft der Investoren. Bargeld und – Aktien. Wir bei AGFIF International sagen seit über einer Dekade, dass die Investoren auf der Suche nach Sicherheit die Fakten verkennen: Sicherheit gibt es in dieser noch lange anhaltenden Phase des gewagtesten geldpolitischen Experimentes aller Zeiten nicht. Aber es gibt eine Alternative: Aktien.
Nun lässt sich argumentieren, dass Investoren aufgrund der aggressiven Notenbanken und der «financial repression» in die Anleihenmärkte gezwungen werden. Doch eigentlich verhalten sich die Käufer wie der Truthahn vor Thanksgiving, dem amerikanischen Erntedankfest. Sie sitzen einer grossen Illusion auf. Die Verhaltensökonomie hat den Begriff «Truthahn-Illusion» geprägt. Er beschreibt das Ignorieren der Vorhersehbarkeit von überraschenden Trendbrüchen, wenn man Ursachen und Rahmenbedingungen für diesen Trend kennt. Der Truthahn wird bis zum Thanksgiving gefüttert und gepflegt und mit jedem Tag steigt sein Vertrauen, dass er am nächsten Tag wieder gefüttert und weiterhin umsorgt wird. Das Vertrauen wird zur Gewissheit, bis er zu Thanksgiving doch geschlachtet wird – und zwar von der Person, die ihn zuvor gefüttert hat. Da war die Überraschung des Truthahns gross, hatte er doch den bevorstehenden Trendbruch nicht erkannt.
Aus marktpsychologischer Sicht geht die Truthahn-Illusion Hand in Hand mit dem sogenannten Informationsbias. Investoren biegen sich vorhandene Informationen zurecht, um ihre Ziele weiter verfolgen zu können. In diesem Fall Sicherheit. Versprechen die Aktienmärkte mehr Sicherheit? Das möchten wir nicht behaupten. Aber als Anlageklasse sind Aktien punkto langfristige Rendite unerreicht. Die andere Alternative namens Zinsen ist auf unbestimmte Zeit ein Versprechen mit einem Minuszeichen davor.
Ein jährliches Plus von 4 bis 6 Prozent versprechen aber unsere derzeitig bevorzugten Schweizer Aktien wie die Versicherer Zurich, Baloise, Swiss Life, Helvetia oder Swiss Re. Auch einige Kantonalbanken sind sehr stabile Werte und äusserst zuverlässige Dividendenzahler wie auch aus dem Industriebereich Schweiter und Kardex. – Wir sagen es gerne nochmals: Die Zinsen von gestern sind die Dividenden von heute – und wohl auch von übermorgen. Das ist keine Truthahn-Illusion.
von Mojmir Hlinka
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