Massensportarten wie Fussball verursachen die meisten Sportverletzungen. Warum Individualsportarten die clevere Alternative sind und wie sich Sportblessuren vermeiden lassen, erfahren Sie hier.
von René Laemmel
«No sports!» – das (angeblich) legendäre Credo des früheren englischen Premierministers Winston Churchill ist längst überholt. Egal ob Schul-, Vereins- oder unorganisierter Sport: Sich fit zu halten und Sport zu treiben, liegt heute absolut im Trend. 2,7 Millionen Schweizerinnen und Schweizer sind in irgendwelchen Sportvereinen organisiert. Tendenz steigend. Hinzu kommen zahlreiche unorganisierte Sporttreibende. Mehr Sportler, das bedeutet aber auch einen Anstieg der Sportunfälle. Viele Hobbysportler schätzen sich und ihre Leistungsfähigkeit falsch ein. Vor allem Ballsportarten und Alpin-Skifahren sind riskant. Laut einer von Professor Klaus Steinbrück verfassten, bislang grössten Studie über Sportverletzungen und Sportschäden passieren in Deutschland jährlich 1,5 bis 2 Millionen Sportunfälle – am häufigsten in den Volkssportarten Fussball, Skilaufen, Handball, Tennis und Volleyball. Etwa fünf Prozent der Breitensportler verletzen sich pro Jahr so schwer, dass sie einen Arzt aufsuchen müssen. Fussball ist mit Sicherheit die beliebteste Vereinssportart, aber auch eine der riskantesten. 25 Prozent der Fussballer erleiden eine Verletzung pro Jahr. Es gibt Sportarten, die weitaus verletzungsärmer sind. Dazu zählen unter anderen Aquafitness, Schwimmen – und Golf. Am risikoreichsten sind dynamische Kontaktsportarten mit vielen, sehr schnellen Bewegungswechseln und Duellen. «Golf ist dagegen eine sehr risikoarme Sportart, vor allem auch, wenn man auf die Wetter- und Platzbedingungen sowie eine gute Ausrüstung und ganz besonders auf das Aufwärmen achtet», bestätigt unter anderen auch der bekannte Golf-Physio-Trainer Michael Kleist.
Wenig Körperkontakt – geringe Verletzungsgefahr
Der Steinbrück-Studie zufolge sind bei den Sportverletzungen generell vor allem die unteren Extremitäten betroffen, weniger die Arme oder die Wirbelsäule: Sehr oft werden das Knie- und das Sprunggelenk verletzt. «Beide Gelenke können grossen Kräften ausgesetzt werden und ermöglichen ein relativ hohes Mass an Beweglichkeit – auf Kosten der Stabilität. Zudem sind Knie- und Sprunggelenk als zentrale Gelenke bei fast jeder Sportart beansprucht, was das Verletzungsrisiko erhöht», so Professor Ingo Froböse. Beim Golfsport sind Fuss- und Sprunggelenk sowie das Kniegelenk dagegen selten lädiert. Je risikoreicher der Sport, desto schwerer die Verletzung. Grundsätzlich gilt: Wenig Körperkontakt bedeutet eine geringe Verletzungsgefahr. Golfverletzungen werden im Gegensatz zu anderen Sportarten in der Regel nicht durch einen Unfall verursacht. Weniger als 20 Prozent der Verletzungen treten akut auf. Bei Sportarten wie dem Golfen oder Joggen kann man die Aktivität, also Tempo und Intensität, selbst steuern, ohne Einfluss von aussen, das heisst: ohne auf einen Gegner zu treffen. Das Verletzungsrisiko ist deshalb minimal.
Gute Vorbereitung – beste Prophylaxe
Golf-Physio-Trainer Michael Kleist weiss, dass bei körperlichen Problemen häufig der Golfer selbst die Ursache ist. «Verletzungen werden in der Regel nicht durch Kollisionen oder herumfliegende Bälle verursacht, sondern sind fast immer auf unphysiologische, einseitige Belastungen während des Golfschwunges, Übereifer und schlechte Vorbereitung zurückzuführen. Eine falsche Technik oder generelle Verschleisserscheinungen, die durch zu häufiges und zu intensives Training noch verstärkt werden, können die Ursache für Verletzungen sein», so Kleist. «Gutes Aufwärmen ist die beste Vorbeugung, stärkt die Leistungsfähigkeit und sorgt für ein besseres Spiel. Ich empfehle regelmässiges Trainieren sowie ergänzende Kraft- und Mobilisationsübungen. Die Vorbereitung und eine gut ausgebildete Muskulatur am ganzen Körper sind das A und O», bestätigt auch Professor Ingo Froböse. Egal ob Massen- oder Individualsport: Wer beim Sport ohne Aufwärmen zu schnell zu viel will, riskiert Entzündungen und Gelenkprobleme. Beim Golfen liegt die grösste Verletzungsgefahr beim Golfschwung. 46,2 Prozent aller Verletzungen treten hierbei auf, sind aber durch ausreichendes Aufwärmen, regelmässiges Rumpf- und Stabilisationstraining sowie Training der koordinativen Fähigkeiten vermeidbar. Unabhängig von der Sportart gilt: Wer länger nicht trainiert hat und älter als 35 ist, sollte vor dem Trainingsstart einen sportmedizinischen Check vornehmen lassen.
Sport treiben – besseres Leben
Das Sporttreiben mag zwar, abhängig von der Sportart, mit einem mehr oder weniger grossen Verletzungsrisiko verbunden sein, ist aber unerlässlich für den Körper – und damit für ein besseres Leben! Wer sich gut vorbereitet, profitiert von dem gesundheitlichen Mehrwert des Sporttreibens. «Unser grösstes Problem ist die Inaktivität. Der WHO zufolge haben wir pro Jahr 3,2 Millionen Tote durch körperliche Inaktivität», warnt Professor Ingo Froböse. Bewegung aus Angst vor einer Verletzung generell zu vermeiden, empfiehlt sich also nicht – zumal die meisten, auch tödlichen Unfälle, Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz (BAuA) zufolge, innerhalb eines Wohnhauses und nicht auf dem Sportgelände passieren.
Sportverletzte
Sportart Verletzungshäufigkeit absolut
Fussball 34,3%
Skifahren 11,9%
Handball 7,5%
Tennis 5,4%
Volleyball 5,1%